
von der Hingabe
Am Wochenende war ich auf dem Neujahrslehrgang unserer Aikidogruppe hier in Dresden. Dabei erlebte ich eine Vertiefung, die ein anderes Niveau „freischaltete“. Und daraus entwickelte sich die Frage:
Wie entsteht echte Hingabe?
Im vergangenen Jahr wurde mir eine Graduierung verliehen. Unser Gastlehrer bekam das mit und berief sich auf die Tradition seines Meisters in Japan: zu besonderen Anlässen werden die zu Beglückwünschenden von allen im Raum geworfen. Immer und immer wieder. Bei mir waren das ein-hundert-und-fünfzig mal. Hintereinanderweg. Fallen, aufstehen, fallen, aufstehen, …, …, … … …
Einhundertfünfzig mal fallen und aufstehen. Und dabei präsent und achtsam bleiben. Das schreibt sich leicht, das klingt auch beeindruckend. Es zu tun ist ein Prozeß, der systemisch absolut alles fordert: über die Dauer der Herausforderung die Aufmerksamkeit zu halten. Dabei durchlief ich verschiedene „Geistesstadien“: das Tempo des Angriffs halten, eine innere Verlangsamung, den Fluß bewahren. Von Außen wurde mir dann gespiegelt, daß im Verlauf der Erschöpfung meine Bewegungen immer natürlicher wurden.
Das ist interessant: im Moment der großen Überforderung fiel alles weg, was überflüssig war. Meine Bewegungen wurden weicher, einfacher, harmonischer.
Ein Weg führt also über die pure Wiederholung, die Quantität. Immer und immer wieder alles geben, bis jeglicher Widerstand aufgelöst ist, bis der ganz natürliche Fluß sich Bahn bricht.
Oder von vornherein frei tun, in tiefer Verbundenheit mit der Natur der Dinge. Ein Meister, wem dies spontan und immer wieder glückt.
Wie kann es Dir, mir, jedem Einzelnen im Alltag gelingen, in den komplexen Herausforderungen alles wegzulassen, was von der natürlichen Bewegung ablenkt, was uns bindet, ohne eigenen Wert zu schaffen? Worin liegt Deine Erfüllung?
Wenn diese Frage einmal beantwortet ist, gibt es vorerst kein Zurückblicken. Dann wird einfach nur weiter vertieft. Bis zum nächsten Moment der Reflektion, die immer wieder wertvolle Dienste leistet, Klarheit schafft. Die grundsätzliche Ausrichtung sollte klar sein. Was genau ist Deine Zielrichtung? Kläre das und geh los, geh weiter. Schaffe die Vertiefung mit einer Hingabe, die ausstrahlt. Die daraus entstehende Vorbildwirkung ist die natürliche Folge, kein intendierter Zweck.

Nadine
Ja, so ist es auch in meiner Welt, wie Du es beschreibst, Henry. Deine Zeile passen exakt zu meinem aktuellen Ziel und den unzähligen Verzweigungen, die auf meinen Weg hinweisen (oder auch nicht). Ich mag es, wenn Menschen voran und tief gehen..danke für Deinen Beitrag und herzliche Grüße aus dem schönen Mühlhausen in Thüringen von Nadine.
Henry Kowallik
Danke Nadine für Deinen schönen Kommentar. Deine Nachricht war im System versteckt und wartete auf Freigabe … endlich habe ich es entdeckt … verrückt, aber so ist es manchmal (wie „im echten Leben“ quasi).
Herzliche Grüße an Dich nach Mühlhausen
Henry